Schweizer Konfektionsrad aus den 1950er Jahren

Cycles G. Pernet, Gilly - Ein Neuaufbau

Lieferschein für das Rahmenset, wohl Ende der 1950er Jahre
Lieferschein für das Rahmenset, wohl Ende der 1950er Jahre

Schon vor einigen Jahren tauschte ich von einem Sammlerkollegen das unbenutzte Rahmenset eines Schwei- zer Damen-Sportfahrrads ein.

 

Der Händler bzw. Mechaniker G. Pernet aus Gilly, einem kleinen Ort im Kanton Waadt am Genfer See (franz. Vaud, Kennz. VD) mit damals gerade einmal 600 Einwohnern (1960), bestellte gegen Ende der 1950er Jahre einen Rahmensatz bei der Firma Alpa. Die Alpa-Werke A.-G. in Sirnach, Kanton Thurgau, waren ein Hersteller von Fahrrädern und Fahrradzubehör, speziell für den Schweizer Markt. Die Firma, 1931 ge- gründet, gibt es dem Namen nach heute noch. Allerdings wird schon lange nicht mehr selbst produziert, sondern nur noch gehandelt. Sie hat nichts mit der Firma Alpa in Zürich zu tun, die spezielle Kameras herstellt.

 

G. Pernet verbaute das Rahmenset, bestehend aus dem eigentlichen Rahmen mit Gabel, Tretlager, Kettenblatt und Kurbeln, Kettenschutz sowie verchromten Schutzblechen und einem passenden verchromten Gepäckträger aus unbe- kanntem Grund nicht. Das Set wanderte dann unter Verlust des Kettenschutzes und seiner Schutzbleche bis zum Jahr 2010 von Hand zu Hand, um 2011 schließ- lich bei mir zu landen. Erstaunlicherweise überlebte der angehängte Liefer-schein die Jahrzehnte (s. Foto)!

Rahmenset der Firma ALPA, Sirnach, CH. Ende 1950er Jahre
Rahmenset der Firma ALPA, Sirnach, CH. Ende 1950er Jahre

Ich beschloss nun nach Jahren, da- raus ein Fahrrad zu bauen, wie es G. Pernet vielleicht auch auf Wunsch einer Kundin gebaut hätte.

 

Dazu brauchte ich zuerst einmal al- te, aber neuwertige Teile aus der Zeit. Ein Waffenschmied mit defek- tem Rahmen von 1960, eine Marke des Aschaffenburger Händlers Willy Adolf, bot eine geeignete Quelle für viele Teile. Die wunderbare, zeitge-rechte Lichtanlage von Lucifer, einem bekannten Schweizer Hersteller, bekam ich als ungebrauchte Lagerware im Originalkarton aus Frankreich. Darin ent- halten der Aero-Scheinwerfer, ein Baby-Dynamo sowie ein Lucifer-Rücklicht. Das Ganze für einen moderaten Preis. Man muss auch mal Glück haben...

Der Ledersattel von Idéale ist ein Neuteil aus altem Lagerbestand (NOS). Der gebrauchte Kettenschutz entspricht den damals gängigen und passt auch in die vorhandenen angelöteten Aufnahmen am Rahmen.

 

Die Bowdenzüge sowie die Schutzbleche sind die einzigen Neuteile, weil man schlichte, schmale, verchromte Bleche aus der Zeit um 1960 kaum bekommt, vor allem nicht im Neuzustand.

Zusammengeschraubt entstand ein in seiner exklusiven Farbgebung und der herausragenden Qualität des Rahmensatzes wirklich elegantes und extravagantes Damen-Sportrad.

Sämtliche Dekore des Rahmens sind aufgemalt, nicht geklebt! Swiss Made at it's best!

 

Die Farbe der zeitgemäßen Kunst-harzgriffe passte ich den dunkelroten Muffen an, der Farbton der Reifenfarbe fin- det sich in den Gummis der schönen Sportpedale wieder. Frauen achten auf sol- che Details!

 

Der Rahmen ist zwar für eine Kettenschaltung ausgelegt, wie üblich in franko- phonen Ländern, die neue Eigentümerin bevorzugte allerdings eine zeitge- mäße 3-Gang-Nabenschaltung ohne Gefummel am Unterrohr. Im 28"- Vorderrad versieht eine zierliche Sportnabe von Büchel ihren Dienst.

 

Die Rahmengeometrie gibt sich sportlich-agil, aber trotzdem noch entspannt zu fahren. Das Fahrrad ist trotz der Stahlfelgen relativ leicht. Die hervorragende Altenburger Synchron-Vorderradbremse wird noch durch eine von Weinmann aus der Schweiz ersetzt.

 

So in etwa hätte das Alpa-Pernet um 1960 im Laden stehen können.